30.10.06

Weltstadt cum Herz

Der von jeglicher Diskretion befreite Charme der Bierzelt-Bourgeoisie bringt – während des Oktoberfestes - die Welt, die zu Gast ist in Bayern, auf ihre Wellenlänge. Der Rubel rollt und rollt und rollt: Der bierselige, kracherte, als Herzlichkeit getarnte und deshalb unentrinnbare Dauer-Appell an Großzügigkeit wirkt.

Weltstadt cum Herz.


Globale Finanzmärkte allerdings, trunken von anderen Liquiden, lassen sich nicht so selbstverständlich darauf einschwören. Siehe Auswirkungen bei MUCs Allianz, BenQ, Telekom.

Weltstadt? Kommerz!



Gisela Strauss

29.10.06

Isabella, Ingrid und Roberto

Isabella Rosselini, die Tochter von Ingrid Bergman und Roberto Rosselini spricht in diesem Interview mit Jesse Wente über ihre Eltern.
MP3 Download des Interviews hier.

Filmkunst für Isabellas Vater bedeutete, Kultur visuell an alle, also auch die Unterschicht, vermitteln zu können - eine für den italienischen Regisseur bedeutsame Erkenntnis. Ingrid Bergmann, die von Hollywood andere Ansprüche an den Film und...sich selbst als Star erlebt hatte (it's entertainment), ließ sich von dieser Integrität inspirieren.

Isabella vergleicht im Interview den "Skandal" der Heirat von Ingrid Bergman mit Roberto Rosselini im post-faschistischen Italien so - heute wäre es, als ob Angelina Jolie einen irakischen Filmemacher heiraten und Hollywood für Bagdad verlassen würde.

Denn damals war das Ansehen von Italien als besiegter Verbündeter Hitlers nicht gerade gut.

Hannah Arendt und die Polis

Hannah Arendt und die Polis

Hannah Arendt hat sich zeitlebens auf die Polis – also die Stadt als Topos - den Ort emanzipierten bürgerlichen Handels bezogen.

Viele Münchner Bürgerinnen und Bürger wiederum begreifen die historische Dimension dieser Stadt als Ortung ethischen, politischen Gestaltens mit globaler Wirkung.

Hannah Arendt fand nach ihrer Emigration große Beachtung in den U.S.A.
Heute finden sich Amerikaner weltweit zusammen, um ihre Stimme gegen Unrechtskriege
zu erheben:Blog Hamburg (Gloria Otto)

Mehr über Hannah Arendt

27.10.06

Unterklasse: Gefahr für die Demokratie II

Unterschichtenschicksale:
Meine Base, diese Flattratte rannte immer zum Betking.
Jetzt ist sie Unterschicht.

Unterschichtendeutsch:
In Ewigkeit Damen
statt: in Ewigkeit Amen.
Oder:
Im Namen des Staates, des Hohnes und des feigen Geistes.
anstelle von - na Sie wissen schon.
Schlechtes Vorbild hierfür: Der Junge aus Limerick, Autor: Malachy McCourt, Buchtitel in Englisch: "A monk swimming" - anstelle von "Amongst Women" - "Unter den Frauen" dies wiederum aus "gebendeiht unter den Frauen" - (oder heißt das jetzt gebenedikt?).

Früheres Unterschichtendeutsch:
Erikativ
seufz, gähn, grins

Interjektion
putt-putt, piep-piep, miez-miez, hü-hott, sch-sch-sch.

Unterschichten-Unterscheidung:
Es gibt Unterschichtenviertel mit einem Hauch Boheme.
Und es gibt Plattenbauten.
Die erstere ist schon in Ordnung. Die haben das Potenzial. Als Kulisse für den hippen Mittelstand.
Und die Plattenbautenbewohner haben die Funktion als Empörungsobjekt der Nation zu dienen. (Warum helfen die sich nicht selbst????)

19.10.06

Unterklassen Gefahr für Demoktratie I

Sicherlich ist die Unterklasse eine Gefahr für die Demokratie: Lesen Sie selbst was die schon mit unserer schönen demokratische Gesinnung angestellt haben:

"# dkh Says: September 12th, 2006 at 10:19

ach gott, manchmal hätte ich lust diesen leuten und auch denen die ausländer in zügen verfrachten und ausser landes schaffen wollen einfach in die fresse …."

Und wer hat Schuld daran, dass unbescholtene Menschen dazu getrieben werden, so etwas von sich zu geben?

Oder dass sich Koalitionen durch die Bank dazu veranlasst sahen , immer wieder und über Jahre hinweg und ohne Unterlass die Unterklasse verbal zum sozialen Abschuss frei zugeben. Der Kampf gegen Hängematten-Mentalität hat uns moralisch beschmutzt.

Und es genügt nicht, sich nun in Sicherheit zu wiegen, und zu denken, die tun doch nix, nach dem Frühstücksbier, die Glotze, da sind die doch weg vom Fenster. Wir werden uns immer wieder genötigt sehen durch Medien, Zeitungen und Fernsehen die öffentlich erzeugte Verachtung gegen die Unterklasse aufrecht zu erhalten, sodass sie sich weiterhin schön schämt, und unter der Stigmatisierung so sehr leidet, dass sie sich gar nicht mehr blicken lässt. Selbstverständlich ist es absolut widerlich, dass wir dies tun müssen. Es schadet unserem Demokratiebewusstsein nachhaltig. Also entrichten Sie wenigstens Ihr GEZ. Die Fernseh-Anstalten verrichten einen Großteil dieser unangenehmern Arbeit für Sie.

Zum Glück haben wir noch keine amerikanischen Verhältnisse - man denke nur an Michael Moore, mitteilungsfreudiges Mitglied des White Trash - - der etwa schämt sich einfach nicht und quatscht und filmt und schaufelt Kohle. Das darf bei uns einfach nicht Fuß fassen.

13.10.06

Skandinavische Frauen: wiedermal Vorbild

Nein, es genügt nicht, das die norwegische Finanzministerin Kristin Halvorsen uns Kontinentaleuropäer beschämt, indem sie einen ethisch-ökologisch fundierten Ausschluss aus dem Investmentuniversum des Regierungspensionsfonds von Boeing, Honeywell und Walmart vornimmt.

Es ist nicht genug damit, dass die Regierung von Schweden als größte Unternehmerin selbstverständlich nicht nur die öffentliche Wasserversorgung hegt und pflegt, sondern auch das Nachschubwesen von Aquavit. Während einzelne Kommunen in England, Deutschland und Frankreich so knapp bei Kasse gehalten werden, dass sie sogar ihre städtische Wasserversorgung verschleudern zu müssen glaubten.

Nein, während wir uns im Lande wiedermal empören; denn alsbald gelten unsere Internet fähigen Computer als weiterer, auschlaggebender Grund - neben "Sturm der Liebe" natürlich - GEZ-Gebühren zu entrichten, was macht Cecilia Stegö Chilo da? Ganz ohne Murren meldet sie mal eben schnell ein Fernsehgerät an, und nur weil sie gerade zur Kultusministerin ernannt wurde, und in dieser Funktion selbstverständlich auch die öffentlichen Fernsehanstalten zu ihrem Ressort gehören. Ich finde das bewundernswert schlicht und locker, leistet die frischernannte Kultusministerin von Schweden doch anstandslos angesetzte Nachzahlungen von sage und schreibe 1650 Euro. Nimmt lieber in Kauf in der Presse als Glotzeprellerin zu gelten, als zu zugeben - "ich habe einfach bisher nie Bock auf Fernsehen gehabt".

Fred Allen: television is called a medium because it is so rarely well done.
(Wortspiel: Steaks können rare, medium und well-done serviert werden)

Mark Crispin Miller: "Big Brother is You, Watching [TV]"

9.10.06

Tischlein-Deck-Dich

Journalisten tischten uns wahre Bekenntnisse über deren lukrativen Nebenerwerb als BND-Spitzel auf: die Spitze des Eisbergs. Kurze Empörungswelle mündet im Jubel über WM-Tore zum Abendtisch. – Thema gegessen.

Oberstes gebenedeites Abendmahl für die wogenden Massen folgt: Wir sind ja noch wer: Papst nämlich. Trampeltänze am abendlichen Wiesn-Tisch. Wer sich beim Haxn-Verputz’n gestört fühlt, schlägt mal eben Schädel ein: mittels Maßkrug.

Gammelfleisch unterdessen ist wieder vom Tisch: Mega-Manager wurden drüber gezogen - noch mehr Münchener aus der Corporate Kuschelzone verstoßen.

Solange Sie noch Ihre Füße unter Merkel-Müntes Tisch stellen, machen Sie das ohne Knurren mit: Sie sind ja noch mit Kauen beschäftigt.

Alle Anderen mit leeren Mündern, bitte das Grimm’sche Märchen vom Tischlein-Deck-Dich solange im Chor rezitieren, bis es aber auch jedem zum Halse raushängt. – Besser wunschlos unglücklich als nur unglücklich.

3.10.06

Retour-Kutsche

Franken sind Lizenz-Bayern. Das wird ihnen immer wieder gesagt. Und ich frage mich, ob ich diese Lizenz auch wieder zurückgeben kann. Die Bayern-Lizenz. So ähnlich wie beim Leasing, wenn man ein Auto wieder zurückgibt, weil es einem nicht mehr gefällt, und man damit genug herumgefahren ist. Man gibt die Kutsche retour.

Denn es ist so - ich wollte mich wirklich nicht als diese urbane Persönlichkeit mit USA Erfahrung geben, sondern einfach so reinpassen in Oberbayern, Stationen: Franken, Amerika, Ober-Bayern. So.

Aber es geht nicht, man lässt mich nicht. Denn Bayern sind Lizenz-Amerikaner. Als solche haben sie eine lizenzierte bairisch-texanische-hollywood-miami-beach-Mischidentität, abgerundet mit etwas krachertem-mirsan-mir-weltstadt-münchen-mit-herz. Dass würde mich als Lizen-Baiern zum Unterlizennehmer des obigen machen.

Das heißt, dass es einfach wirgli stört, wenn man die USA wirgli kennt, denn dann verhält man sich immer ein bisserrrl FALSCH, und nicht so wie in einer synchronisierten SAT-Serie, wie alle andern normalen bairischen Menschen, UND vor allem als Unterlizenznehmer hat man sich besonders anzupassen, und hat dergleichen Besserwisserei nicht mal im Ansatz herauszukehren. Denn die bairisch-texanische-hollywood-miami-beach-Mischidentität, abgerundet mit krachertem-mirsan-mir-weltstadt-münchen-mit-herz, ist etwas GEWACHSENES. So etwas darf ein Lizenz nehmender Franke nicht stören. Das wäre aufmüpfig. Man ist immerhin, und das vergesse man nicht BITTSTELLER (bitte bitte wann bin ich den endlich bairisch??? )

Für mich war die Lizenznahme des Bairischen aber immer etwas DURCHWACHSENES. Und Franken - eine Zuflucht der Verwandten aus Pommern, das ja bekanntlich abgebrannt war

Also ist das Alles sowieso viel zu viel, und trifft voll daneben und vor allem oktroyiert. Es ist wie Leasing für ein Auto zahlen, das man gar nicht fahren will.

Ich gebe die Kutsche retour. Heute mit sofortiger Wirkung. 21:27, Ortszeit, München, 3. Oktober. So. Ich bin Deutsche. Basta. öh. Schluss jetzt.

Geistige Dienstleistung und Pustekuchen

Vorleistung
Wertschöpfung
Kapital Arbeit

Vorleistung ist das gelieferte Gut, das in einem Wert schöpfenden Prozess durch Arbeit einen höheren Mehrwert erfährt, wodurch Gewinn entsteht. Hierfür sind Arbeitskraft und Mittel erforderlich, die das Kapital stellt.

Eine Übersetzung ist die Wert schöpfende Weiterverarbeitung einer Vorleistung(Originaltext) und hierfür sind Arbeitskraft und -mittel sowie Kapital erforderlich.

Der entstandene Mehrwert muss die Kosten übersteigen, um Gewinn zu erzielen.
Und ich dachte ich wäre aus diesem Kreislauf raus, mit geistiger Dienstleistung, und so.
Pustekuchen.

Lösungen: Stallmann und Lessig

Richard Stallmann, ist Einer aus der IT-Branche, der ein durch IT entstandenes Problem löste: Es ging um die Tatsache des Urheberrechts in einer überwiegend kollektiv erbrachten Leistung: dem Softwareprogrammieren, in dem aber Programmierer sich als Urheber sahen. Urheberrechtsdenken setzt dem kollektiven Prozess ein jähes Ende, meinte Stallmann

Der durch IT entstandene Fakt, dass digitale Autorenwerke, sei es Film, Musik oder Text nicht mehr wirklich urhebrechtlich geschützt werden können, ist verheerend für die Urheber selbst: diesmal kam die Lösung für das aus der IT herrührende Problem
aber nicht mehr aus dem IT-Bereich... der Spezialist für Urheberrecht, Lawrence Lessig, schlägt eine differenzierte, mirkoökonomische Lösung zum Urheberrecht vor.

Gisela Strauss